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Freiheit und Verantwortung

Von Thomas Bez am 04.10.2014, aktualisiert am 04.10.2014, mit einem Kommentar

Wir sind für ein paar Tage nach Carwitz bei den Feldberger Seen gefahren. Carwitz ist bekannt vor allem durch Hans Fallada, der hier anderthalb Jahrzehnte lebte, einige prekäre Monate Bürgermeister von Feldberg war und schließlich hier begraben wurde.

Und plötzlich ist die Kälte weg. Eine unendlich sanfte grüne Woge hebt sie auf und ihn mit ihr.

Seit dreißig Jahren kommen wir immer wieder einmal hierher. Vor sechs Jahren <http://www.barnim.net/weblog/1224428505:630762.html> mußten wir unsere Heimfahrt von der Ostsee hier unterbrechen, weil Anna auf dem Spaziergang bei einem Zwischenstop im Moor gelandet war und Herrchen hinterherspringen mußte. In der Unterkunft mit Seezugang, wo wir uns seinerzeit kurzerhand einmieteten, um uns direkt im See vom Gröbsten zu reinigen, sind wir auch diesmal wieder.

Unsere heutige Wiese ist ohne Gebrauch eines Dreikantschlüssels zu erreichen, was bemerkenswert ist, und nicht einmal ein Verbotsschild mußten wir passieren, solche Orte gibt es noch. Seit 30 Jahren fahren wir autonom (das heißt unabhängig, eigenständig), und wir werden auch für den Rest unseres Lebens keiner zentralen staatlichen Instanz erlauben, unser Fahrzeug nach ihren Wünschen zu dirigieren.

Nicht weit von der Wiese steht ein Funkmast, und so haben wir hier sogar Internet und können einen Beitrag schreiben. Wie häufig Anfang Oktober ist das Wetter fabelhaft und für diese Art den Tag zu verbringen genau richtig.

Das Titelthema beschäftigt uns naturgemäß zur Zeit etwas, 25 Jahre nachdem einige von uns ihren vielleicht kleinen, bescheidenen Beitrag geleistet haben, ihre Regierung zum Teufel zu jagen und einen Staat abzuschütteln. Beschäftigt in dem Sinne, daß wir uns fragen, ob die Art von Freiheit, die wir erleben und die wir in den nächsten, sagen wir, 25 Jahren noch erleben werden, jene ist, die wir uns seinerzeit vorgestellt haben.

Schwieriges Terrain. Konkretisieren wir es beim Thema Hunde, wie es sich für Briard-Züchter <http://www.barnim.net> gehört. Das Hunde-Thema hat es heute tatsächlich bis in den Leitkommentar unserer eigentlich durch und durch liberalen Lieblingszeitung <http://www.faz.net> geschafft. Und was müssen wir dort lesen?

Es wäre nicht zu viel verlangt, bundesweit Sachkundenachweise von Tierhaltern zu fordern – nicht nur im Sinne der Gefahrenabwehr [...] Alle Halter hätten durch solche Prüfungen die Chance, sich mit den Änderungen ihres Alltags auseinanderzusetzen, noch bevor sie ein Tier und sich selbst in eine Notlage bringen.

Im Moment wird die Tierhaltung ohnehin schärfer reglementiert: Hundeschulen brauchen nun eine behördliche Erlaubnis, verschiedene Bundesländer erwägen eine Kastrationspflicht für Katzen. Eine neue Aufklärungskultur, mit der man blauäugigen Tierkäufen entgegenwirkt, wäre da nur ein weiterer Schritt – und zwar im Sinne des Tier- und des Menschenschutzes.

(Christina Hucklenbroich, Das Tier als Mensch, FAZ vom 4.10.2014, Seite 1)

So denken Leute ja nicht nur, wo es um Hunde und Katzen geht. Unser Alltag ist bis in seine letzten Verästelungen durchreguliert mit Verboten, behördlichen Erlaubnissen und Registrierungsauflagen, demnächst vielleicht noch Kastrationspflichten, und kaum jemand empört sich darüber. Wir gehen wohl nicht fehl in der Annahme, daß eine Mehrheit in diesem Land das auch noch gutheißt und die um sich greifende Entmündigung "Aufklärungskultur" nennt. Der Wunsch, bloß in Ruhe gelassen zu werden, ist nicht sonderlich ausgeprägt.

Und es ist ja nicht nur so, daß das mal so geäußerte Ideen wären und alles könnte einfach so einfach bleiben wie es ist. Wir haben ja erlebt, wie schnell aus solchen Ideen Landes- und Bundesgesetze werden. Hundeleute sollten auch nicht meinen: "Hier geht es ja nur um Katzen." Der nächste Durchgriff des Staates, der dann Euch betrifft, ist immer nur einen Federstrich entfernt.

Ist das Freiheit oder ist das nicht vielmehr so schlimm wie das, was wir schon einmal hatten? Kein Seitenweg mehr ohne Poller und bald kein Hund mehr ohne "Sachkundenachweis", als ginge es um den Besitz einer Schußwaffe. Verantwortung kann es nur dort geben, wo die Freiheit herrscht, sich selbst für verantwortungsbewußtes Handeln zu entscheiden oder sich eben auch verantwortungslos zu verhalten. Wo die eigene Entscheidung durch ein Gesetz und ein Verbot ersetzt wird, herrscht nicht Freiheit, sondern Diktatur, die kein bißchen weniger übel dadurch wird, daß sie eine Diktatur der vermeintlich Wohlmeinenden ist.

Wird es demnächst nicht mehr ausreichen, daß wir uns als Züchter sorgfältig überlegen, wem wir einen Welpen übergeben? Werden wir die Vorlage eines "Sachkundenachweises" verlangen müssen? Werden wir demnächst als Züchter bei einer Behörde beantragen müssen, daß unsere Hunde oder die Welpen, die wir abgeben, nicht zwangsweise zur Kastration vorgeführt werden?

Wir sind empört und mußten das hier, auf unserer friedlichen, sonnigen Wiese, einmal loswerden.

 

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Kommentar von Thomas Bez am 10.01.2018 09:27:

Unsere Lieblingszeitung nannten wir die FAZ im Oktober 2014 noch, wenn auch sich unsere frühere Leidenschaft nach zehn Jahren des Abonnements schon etwas abgekühlt hatte. Nach Schirrmachers Tod änderten sich Charakter und Stil der Zeitung noch schneller. Anderthalb Jahre hielten wir noch durch, bis wir ihr 2016 die Leserschaft aufkündigten. Irgend so ein Artikel des Schmierfinks Justus Bender war schließlich der Auslöser, uns endgültig von dem Blatt zu trennen.

Tagesaktuell informieren kann man sich auch im Internet, wenn man weiß, wo man suchen muß, und etwas zwischen den Zeilen lesen kann, was wir damals glücklicherweise in der DDR gelernt haben. Zur Erbauung halten wir seitem diverse Monats-, Zweimonats- und Vierteljahreszeitschriften, aber wir vermissen schmerzlich eine intelligente, konservative Tages- oder Wochenzeitung auf dem deutschen Markt.

 


Positionsbestimmung

Von Thomas Bez am 30.08.2014

Don Alphonsos "Stützen der Gesellschaft" auf FAZ.NET: Die Zwangskollektivierung des Reichtums <http://blogs.faz.net/stuetzen/2014/05/09/die-zwangskollektivierung-des-reichtums-4426>

Lenin hätte seine Freude an diesen Pauschalurteilen: Wenn Amateursoziologen Klassengrenzen festlegen, werden alle feinen Unterschiede weggesäubert.

Am leichtesten hat es der Misanthrop in dieser Welt, der niemandem etwas beweisen muß, weil er (fast) alle verachtet. Aber Misanthropie kann man nicht lernen, man muß eine Begabung dafür haben. Snob zu sein steht dagegen jedem offen. Es braucht dafür nicht einmal ein gewisses Minimum an Wohlstand, sondern eben so viel, daß man sich frei fühlt, was eine subjektive Angelegenheit ist. Aber teure Schuhe muß man unbedingt tragen.

Ja, wir können die Heerscharen derer bedauern, die es niemals nimmer auch nur zum Snob bringen werden. Gewürm, das sich durch die Erde frißt und selbst zerfressen ist von Gier. So weit, so gut.

Ihre Position zur Alternative für Deutschland kann man aber nicht teilen. Nicht daß wir meinten, uns jetzt schützend vor diese Partei stellen zu müssen, denn wo andere eine Altherrenpartei erkennen, über die sie sich mokieren dürfen, sehen wir etliche gestandene Leute, die eigentlich nichts mehr beweisen müssen. Lucke, Gauland und Henkel sind keine politischen Emporkömmlinge, sondern sind auch schon in ihrem ersten Leben jemand gewesen, anders als Lindner, Gabriel, Merkel oder Roth. (Wobei Lindner wenigstens mal eine Firma in den Sand gesetzt hat.)

Als Misanthrop und Kulturpessimist könnten wir sogar beipflichten, daß die Existenz von Deutschland überbewertet wird. Aber dann wird mir doch irgendwie weh bei dem Gedanken, daß unser schönes Land als Verwertungsmasse für höhere Kapitalinteressen gedacht ist. Wo ist denn die Alternative zur Alternative für Deutschland? Die Alternative zur Alternative ist eben das "Unfreiversklavenhandlungsabkommen" (Danke für das Wort, köstlich!), das all die anderen, die sich in der Mitte tummeln, unbedingt wollen. (TTIP, vermindert um das Chlorhühnchen, dann geht es schon.)

Und wie sieht denn Ihr Europa aus, Don, durch das Sie so gern gondeln, vom Tegernsee bis nach Sizilien und an die Riviera? Es ist das Europa der 60er Jahre, welches wir in Ihren Schilderungen erkennen, nicht das Turboeuropa des 21. Jahrhunderts. Sie könnten daraus natürlich ganz andere Schlußfolgerungen ziehen, als wir dies tun, aber als Sympathisant linksliberal-grüner Positionen sind Sie bislang auch nicht aufgefallen.

Man kann sie alle zu Recht verachten ("Die Clique, die klatscht, ist das gleiche Kaliber wie die Clique, die pfeift, die einen sind von rechts dumm, die andern sind von links dumm" - Gottfried Benn), aber als Blogger, der etwas auf sich hält, sollte man seine Fraktion benennen können. Wie dem auch sei, zum Abschluß wollen wir das Kompliment loswerden, unter Snobs sozusagen, daß wir uns über Niemandes Beiträge so gern und genußvoll ärgern wie über die Ihren.

 


Rußland kontra amerikanische Hegemonie

Von Thomas Bez am 21.04.2014

FAZ.NET: Putin verstärkt Truppen an Grenze zur Ukraine <http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/putin-verstaerkt-truppen-an-grenze-zur-ukraine-12866194.html>

Russland verstärkt seine Truppen an der Grenze zur Ukraine: 30.000 Soldaten, darunter Spezialeinheiten und Milizen ohne Hoheitsabzeichen. Die Amerikaner wollen deshalb mehr Nato-Präsenz in Osteuropa.

Noch interessanter als die Meldungen über Rußland und die Ukraine sind dieser Tage die Leserkommentare. Manchmal überfliege ich diese noch vor dem eigentlichen Artikel. Sogar bei der ZEIT und beim SPIEGEL habe ich vorbeigeschaut. Überall das gleiche Bild in den Foren: geschätzte 85% Verständnis bis Zustimmung für Rußland und zur Einnahme der Krim. Fast durchweg Ablehnung der neuen ukrainischen Regierung und der Haltung und Taktik der EU. Überall Verurteilung der USA als jener Macht, die die Krise anheizt.

Ich würde das gern als Zeichen sehen, daß die Stimmung der politisch Interessierten im Volk kippt, und zwar nicht nur in einer kleinen konservativen Schicht. USA und EU versuchen zwar gerade abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit TTIP, das sogenannte Freihandelsabkommen, zum Abschluß zu bringen. Aber dank Rußland könnte derweil die Ablehnung der amerikanisch-europäischen Hegemonie im Mainstream ankommen, und zwar in einem Maße, das künftige Wahlausgänge beeinflussen kann.

 


Was wir aus Heartbleed lernen könnten

Von Thomas Bez am 14.04.2014


Nachlässigkeit und Disziplin

Wie kann es sein, daß ein junger Bursche die Sicherheit des gesamten Internet aushebelt?

Es gibt Programmierfehler, die Leute trotz und zuweilen wegen aller Klugheit machen, Denkfehler eben. Und es gibt ausgesprochen dumme Fehler, die aus der Vernachlässigung der Pflicht zu bedenken, was man gerade tut, resultieren. Eine Speicherkopieroperation, die durchgeführt wird ohne den Anfangszeiger und die Länge des Kopierbereiches genau zu prüfen, ist solch ein dummer Fehler. Das sollte man einmal gelernt haben, sofern man die Grundlagen gelernt hat. Aber wer am Silvesterabend 2011 nichts besseres zu tun hat als die Heartbeat-Funktion fertig zu programmieren und für die Veröffentlichung freizugeben, sollte erst noch mal einen Blick ins Leben tun statt das Internet fahrlässig kaputt zu machen.

Wir nennen es also Nachlässigkeit und unterstellen nicht, daß der Entwickler von der NSA gekauft wurde, aber ausschließen kann man das auch nicht. Es ist auch absolut irrelevant, denn daß die NSA für Hintertüren bezahlt, ist bereits bekannt, und daß sie diese Sicherheitslücke von Anfang an genutzt haben muß, werden wir gleich darlegen. Zuvor aber noch ein paar Überlegungen, was für Umstände solchen Programmierer-Nachlässigkeiten Vorschub leisten. Die oft gehörte Diskussion um Wert oder Unwert der Sprache C, die Pufferüberläufen und falschen Speicherzugriffen tatsächlich Vorschub leistet, ist zwar nicht unberechtigt, verfehlt aber das Thema. Auch in C kann man diszipliniert programmieren.

Als wir in den 1980er Jahren Informatik studierten, war es noch nicht allgemein üblich, bereits mit gewissen Programmierkenntnissen die Ausbildung zu beginnen. So spielte das Handwerkliche am Anfang des Studiums noch eine beträchtliche Rolle. Und dieses Handwerk wurde am Beispiel längst vergessener Sprachen wie Pascal, Modula und gar Ada vermittelt. Solche streng typisierten Sprachen haben einen wichtigen didaktischen Effekt, denn sie zwingen zu Disziplin im Durchdenken eines Problems wie in der programmatischen Umsetzung. Auch nach unserem Umstieg auf die Sprache C, die nun einmal zum Standard geworden ist, was man akzeptieren muß, war unser Bewußtsein dafür geschärft, was man in C anrichten kann, wovor einen andere Sprachen von Hause aus besser schützen.

Typische Fehler

Worin bestand der Heartbleed-Fehler nun? In der Funktion tls1_process_heartbeat wird eine vom Angreifer gemeldete Payload-Länge kritiklos übernommen:

hbtype = *p++;
n2s(p, payload);
pl = p;

und danach werden die vermeintlichen Daten in die Antwortnachricht kopiert:

buffer = OPENSSL_malloc(1 + 2 + payload + padding);
bp = buffer;
*bp++ = TLS1_HB_RESPONSE;
s2n(payload, bp);
memcpy(bp, pl, payload);

Der eigentlich empfangene Datenpuffer ist jedoch viel kürzer. Daher lautet die Korrektur:

hbtype = *p++;
n2s(p, payload);
if (1 + 2 + payload + 16 > s->s3->rrec.length)
    return 0; /* silently discard per RFC 6520 sec. 4 */
pl = p;

Es überrascht nicht besonders, daß sich hier gleich drei typische Programmierfehler treffen:

  • Feldgrenzen nicht prüfen
  • Eingabewerte nicht auf Wertevorrat, Format und/oder Plausibilität prüfen
  • uninitialisierte Variable oder Pufferspeicher verwenden

Wir wollen uns aber hier nicht über einen armen Entwickler lustig machen. Qualitätssicherung ist dafür da, Fehler zu eliminieren, und um Qualitätssicherung soll es hier gehen.

Code Review

Fehler wie diese kann ein geübter Code Reviewer bereits durch Betrachten des Codes finden. Ein Aufruf von memcpy ist ein Signal, daß man hier besonders genau hinsehen muß. Und wenn sie der erste Reviewer nicht findet und der zweite auch nicht, dann ist es vielleicht der zehnte. Solche Suche ist durchaus sinnvoll, bevor richtig getestet wird, es kostet halt scheinbar ein wenig mehr.

In den IT-Abteilungen der Industrie, zumindest der Industriezweige, die eine regulatorische Verpflichtung auf Sicherheit haben, herrschte ab dem Morgen des 8. April große Hektik. Erst einmal alle betroffenen Systeme identifizieren, Hunderte oder gar Tausende von Servern patchen, neue Zertifikate bereitstellen, das alles mit den Eigentümern der Anwendungen koordinieren... Der Zirkus wird noch ein paar Tage gehen. Wieviel das wohl kostet? Hätten Unternehmen dieses Geld in ihre IT besser investieren können?

(Ironischerweise sind in diesem Fall Unternehmen besser dran gewesen, die ihre Systemsoftware nicht so oft aktualisieren. Das kann aber nicht als Regel gelten. Zumal es nicht die Regel sein sollte, mit der Aktualisierung zwei Jahre zu warten, und das war im Fall von Heartbleed die Zeitspanne, die auch durchaus länger hätte ausfallen können.)

Die NSA beschäftigt garantiert Code-Reviewer in großer Zahl, die für nichts anderes bezahlt werden und auf nichts anderes gedrillt sind als solche Fehler zu finden. Auch Unternehmen, die Exploits sammeln und verkaufen, suchen bestimmt jede Änderung in sicherheitskritischer Software ab, also im Betriebssystem (zum Beispiel Linux), Systembibliotheken (zum Beispiel OpenSSL), Middleware (zum Beispiel OpenVPN) oder sicherheitskritischen Anwendungen (zum Beispiel Apache). Am 1. Januar 2012 wurde OpenSSL mit dem Heartbleed-Fehler veröffentlicht und wir wetten, daß diejenigen, die von unveröffentlichten Fehlern am meisten profitieren, ihn im Februar schon kannten. Diese Leute sind zu schlau, um nicht längst diese wundervolle Methode Angriffsvektoren zu sammeln entdeckt zu haben.

Open Source

Mit Open Source geht das besonders einfach und günstig, weil jeder die Software bekommen kann und jede Änderung im Detail herausfinden kann. In dieser Hinsicht ist Open Source noch deutlich verwundbarer als proprietäre Software, deren Quellcode nie an die Öffentlichkeit kommt. Dazu kommt die immer größere Verbreitung. Bald wird sich ein Angriff auf Open Source noch mehr lohnen als ein Angriff auf Windows.

Das ist kein Argument gegen Open Source. Open Source gibt allen, die das wollen, die Möglichkeit, Fehler zu finden. Die Anwender verlassen sich aber zu sehr auf Open Source. Es steht ja vermeintlich eine große Gemeinde dahinter, die jede Zeile Code fünfmal rumdreht, bevor sie sie freigibt. Irrtum – es stehen immer weniger dahinter, als man denkt.

Die Wahrheit ist doch: Kaum ein Mensch in der Open Source-Gemeinde außer dem Autor sieht sich ein Stück Code noch einmal genauer an, sofern es nicht ein aufsehenerregendes neues Kernel-Feature betrifft. Warum sollte das auch jemand tun? Etwas Eigenes zu schreiben macht Spaß und man kann sich damit einen Namen machen, sogar außerhalb der Gemeinde, wenn man sehr gut ist. Wozu sollte sich auch jemand fremden Code ansehen, da es schließlich nicht bezahlt wird und schon garnicht Aufmerksamkeit und Ehre einbringt. So kann ein katastrophaler Fehler zwei Jahre überleben.

Die Hersteller von kostenbewehrten Distributionen wie Red Hat oder SuSE haben hier noch schwerer versagt, denn sie sind an diesem Geschäft mit finanziellen Interessen beteiligt. Ein Fehler dieser Größenordnung in einer kommerziellen Distribution sollte die Frage aufwerfen, warum man hier jemanden für etwas bezahlt, was dieser auch nur umsonst bekommen und offensichtlich nicht verbessert hat.

Die Verantwortung der Industrie

Wir haben gesehen: Auf der Produzentenseite von Open Source sitzen nicht die Leute, die von intensiver Qualitätssicherung profitieren. Das ist nicht verwerflich, sondern hat schlichte ökonomische Gründe. Die Benutzerseite muß hingegen, statt viel schönen Code schön kostensparend (nämlich für lau) einzusetzen, in Qualitätssicherung investieren.

Der private Linux-Anwender hat keine Chance, vor jedem Update die Software zu prüfen, die zu installieren er im Begriff steht. Wer sich Linux statt Windows auf seinem PC installiert, riskiert dabei auch nicht viel. Und ob vielleicht eine Milliarde Facebook-Paßworte kompromittiert wurden oder die Email-Paßworte einer halben Nation von GMX- oder Googlemail-Benutzern, ist auch von geringer Relevanz. Eine Industrie aber, die von der Sicherheit ihrer Informationen abhängt, ob Maschinenbau oder Finanzindustrie, dürfte es sich nicht erlauben, Open Source-Software ungeprüft in die Produktion zu übernehmen. Das könnte eines Tages als Verletzung von Sorgfaltspflichten angesehen werden.

Wenn Unternehmen, die untereinander nicht im Wettbewerb um Softwaresicherheit stehen, dabei kooperieren würden, wären die Mehrkosten für die Beteiligten sogar marginal, der Gewinn an Sicherheit aber enorm. Heartbleed könnte der Anfang eines Umdenkens in der Industrie sein, und das wäre uns allen zu wünschen.

Umsonst gibt es nichts.

 


TTIP ist eine Verschwörung

Von Thomas Bez am 23.12.2013

Amerika hat einen langen Atem, wenn es um die Dienstbarmachung der Welt für seine Interessen geht. Seit sechzig Jahren betreibt Amerika die Gleichschaltung Europas in der Europäischen Union. Jetzt ist es soweit, daß die europäische Exekutive als krönenden Abschluß eine ebenso lange konzipierte Verschwörung umsetzt: TTIP (Transatlantic Trading and Investment Partnership).

Keinen im Volk interessiert das, keiner versteht, was TTIP ist. Einige Beispiele:

Verbraucherschutz: TTIP ist die flächendeckende Einführung der Grünen Gentechnik von Monsanto in Europa.

Umweltschutz: TTIP ist die Perforierung des europäischen Bodens durch globale Energiekonzerne, um Erdgas zu fracken, Kohlendioxid zu verpressen oder Windräder hineinzupflanzen.

Datenschutz: TTIP ist die Verschwörung von NSA und Google gegen Europa.

Das Volk hat zu diesen Dingen nichts mehr zu sagen, denn wenn die Regierung den Volkswillen respektiert, wird sie dafür vor nichtdeutschen Gerichten auf Schadenersatz verklagt werden.

Die EU-Kommission hat im November auf einem "informal meeting with Member States representatives" folgende Direktive ausgegeben: "Making sure that the broad public in each of the EU Member States has a general understanding of what TTIP is (i.e. an initiative that aims at delivering growth and jobs) and what it is not (i.e. an effort to undermine regulation and existing levels of protection in areas like health, safety and the environment)."

Allerdings: Wachstum und Arbeitsplätze entstehen nicht im produktiven Mittelstand, der im angelsächsischen Wirtschaftsmodell ohnehin ein Fremdkörper ist. Das Wachstum internationaler Konzerne wird garantiert, die zum geringsten Teil uns gehören, und Arbeitsplätze entstehen irgendwo - nur nicht hier.

Unsere Regierung ist aufgefordert, bei dieser Desinformationskampagne mitzuwirken, und sie tut es bereits. Auch der EP-Präsident Martin Schulz, Sozialdemokrat, kämpft für TTIP.

Es lohnt zu lesen, was George Monbiot vom Guardian über TTIP schreibt.

 


Unser Dreieck

Von Thomas Bez am 08.12.2013


Dreieck Schwanebeck 1953 (aufgenommen von der US Air Force)

Wir sind ja nicht fortschrittsfeindlich. So wissen wir es durchaus zu schätzen, daß die Autobahn nicht wie im Bild von 1953 zu sehen an der Fernverkehrsstraße 2 (zeitweilig auch Reichs- oder Bundesstraße 2 genannt) südlich von Schwanebeck endet, sondern sich seit 1974 als geschlossener Berliner Ring nach Westen fortsetzt. So können wir jetzt nämlich wählen, ob wir Berlin rechtsrum oder linksrum umfahren wollen. Sehr praktisch.

Das Dreieck Schwanebeck hatten wir begriffen, es war nicht allzu kompliziert. Aus Richtung Pankow weiter nach Prenzlau oder weiter nach Südosten in Richtung Schönefeld oder alles in umgekehrter Richtung – das war leicht zu überblicken. Eine Brücke besaß der nicht gerade dicht befahrene Verkehrsknoten.


Dreieck Barnim 2013 (Dank an Openstreetmap)

In den vergangenen Jahren ist das beschauliche Dreieck auf die Fläche einer Kreisstadt gewachsen. Es gab eine gewaltige Inflation von Fahrspuren und ein halbes Dutzend Brücken ist dazugekommen. Wenn man einen Spaziergang im südöstlichen Ableger unseres Ortes, Neu-Schwanebeck, macht, meint man, man blicke auf eine Achterbahn. (Der Zirkus wird noch durch etliche Windräder komplettiert.)

Jetzt wird die Fernverkehrsstraße 2 vom mittlerweile so genannten Dreieck Barnim verschluckt und taucht bei Angermünde auf wundersame Weise wieder auf. Wozu das gigantische Ding gut ist, haben wir noch nicht verstanden. Es muß irgendwas mit Zukunft zu tun haben, die uns noch verborgen ist, die andere Leute aber schon kennen. Vielleicht ist das der Beitrag unseres kleinen Schwanebeck zur Osterweiterung der EU bis nach Novosibirsk. Was man halt so an Autobahnen ablesen kann.

Heute kamen wir mit unseren Hunden vom Spaziergang bei Strausberg und probierten mal unser neues Dreieck aus. Als wir im Fahrbahngewirr schon einige Kilometer unterwegs waren, wollten wir uns doch lieber mit dem Navigationsgerät überzeugen, daß wir noch auf dem richtigen Weg sind.

Wir haben es schließlich nach Hause geschafft.

 


Alternativen für die Alternative

Von Thomas Bez am 01.12.2013

FAZ.NET: Putschversuche bei der AfD <http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/alternative-fuer-deutschland-putschversuche-bei-der-afd-12687593.html>

Die AfD fällt mit Ränkespielen auf zwei Landesparteitagen in Hessen und Brandenburg auf. Alte Rechnungen werden beglichen. Schaumschläger, Alpha-Tiere, Choleriker und Trickbetrüger nennen sich Parteifreunde untereinander. AfD-Bundessprecher Konrad Adam sieht „Richtungsdifferenzen“ als Ursache der Streitigkeiten. Dass sich die Parteiführung vor der Bundestagswahl nur auf ein vier Seiten dünnes Wahlprogramm festlegen wollte, könnte an der Erwartung gelegen haben, dass eine Programmdebatte die Partei vor die Zerreißprobe stellt.

Die deutschen Grünen, 1980 nach einem Jahrzehnt APO-Vorarbeit gegründet, zerreiben sich bis heute in Flügelkämpfen und mußten kürzlich eingestehen, daß sie für eine Regierungsbeteiligung gerade mal wieder mental nicht bereit sind. Die französische Nationale Front, 1972 gegründet, hat einige Abspaltungen frühzeitig hinter sich gebracht, ist gerade im Aufwärtstrend und wird straff zentralistisch geführt. Idealer Zentralismus herrscht bei der holländischen Partei für die Freiheit, die seit 2006 existiert, nur ein Mitglied hat und darüber hinaus die Mitarbeit von Freiwilligen annimmt. Die deutschen Piraten, ebenfalls 2006 gegründet, sind schon wieder weg.

Da dem Wilders-Modell die deutschen Gesetze entgegenstehen, können wir uns ausrechnen, welche Alternativen die Alternative hat: den ganz langen Weg gehen, bis sie eine charismatische Führungspersönlichkeit gewonnen hat, oder scheitern.

 


Wir schreiben das Jahr 1988

Von Thomas Bez am 05.11.2013

FAZ.NET: „Snowden kein Verfolgter“ <http://www.faz.net/aktuell/politik/nsa-affaere-snowden-kein-verfolgter-12648769.html>

„Es gibt keinen Grund, Edward Snowden Asyl zu gewähren. Er ist kein politisch Verfolgter“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich. Ihm Asyl zu gewähren, wäre „das Kündigungsschreiben für die transatlantische Partnerschaft“, sagte der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner.

Wir schreiben das Jahr 1988. Die UdSSR hat ihren Krieg in Afghanistan längst verloren und beginnt ihren Abzug. Der Warschauer Pakt funktioniert noch, aber die Völker der Vasallenstaaten streben längst nach politischer und wirtschaftlicher Selbstbestimmung. Einige Völker haben früh aufbegehrt und ihre jüngere Nomenklatura sieht die Zukunft bereits im europäischen Verbund.

Für die meisten Regierenden Osteuropas ist aber eine Zukunft ohne enge Bindung an die doch schon längst absterbende Supermacht unvorstellbar. Der Staatsratsvorsitzende der DDR und der Minister für Staatssicherheit sind sich noch immer sicher: Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen.

Bei jeder Unterhaltung muß man damit rechnen, daß Stasi und KGB mithören. Aber die Lösung aus dem Untertanenverhältnis hat in den Köpfen bereits begonnen. Das ostdeutsche Volk verweigert schon seit längerem zunehmend die Wahl der Blockparteien. 1989 schließlich passiert das zuvor Undenkbare: die Lösung von sowjetischer Vorherrschaft.

 


Paranoid vor Snowden und nach Snowden

Von Thomas Bez am 02.11.2013

FAZ.NET: Heldenverehrung <http://www.faz.net/aktuell/politik/harte-bretter/stroebele-bei-snowden-heldenverehrung-12644361.html>

Mancher sieht heute Phantasien wahr werden, zum Beispiel die vom totalen Überwachungsstaat USA, der in Deutschland als „digitale Besatzungsmacht“ sein Unwesen treibe. Das hat mit der Wirklichkeit genauso wenig zu tun wie die Theorie, wir würden vom Internet im Namen des Washingtoner Imperialismus algorithmisch gesteuert und geknechtet. Das ist die Neuauflage soziologischer Manipulationstheorien, die vor Jahren noch den subkutanen Faschismus in Form von Konsumterror und struktureller Gewalt heraufbeschwören wollten.

Vor Snowden konnte der staatsgläubige Bürger noch diejenigen paranoid nennen, die überall den totalen Überwachungsstaat witterten. Die klarer sehen, meinten dazu selbstironisch: "Just because you're paranoid doesn't mean they're not after you." Nach Snowden wissen wir, daß Amerika hinter uns her ist.

Richtig: Antiamerikanismus allein reicht nicht. Aber es wäre ein guter Anfang, wenn wir in Europa und in Deutschland wieder zuerst unseren eigenen Interessen folgen wollten, statt amerikanischen zu dienen. Wenn deshalb zum Beispiel das sogenannte Freihandelsabkommen, das kein Freihandelsabkommen ist, nicht geschlossen würde.

Für den freiheitsliebenden Bürger muß eine weitere Erkenntnis dazukommen: daß den "Organen" des eigenen Staates genausowenig zu trauen ist, da auch unser Staat gern ein totaler Überwachungsstaat wäre. England ist dafür das erste Beispiel an der Peripherie Europas. Das könnte die neue Paranoia werden, bis eines Tages ein junger Europäer mit großer Brille beweist...

 


Die Pankequelle

Von Thomas Bez am 18.10.2013


Karte des Deutschen Reiches von 1846

Pankow, etwa auf halbem Wege zwischen Schwanebeck und Berlin gelegen, seit 1842 durch eine Bahnstrecke mit Berlin und Bernau verbunden (unter Umgehung von Schwanebeck), in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Synonym für Ostberlin, heißt so wegen der Panke. Diese entspringt kurz hinter Bernau, und wir waren heute endlich mal dort.

Die Panke sollte aus einem Loch unter dem Bahndamm der Berlin-Stettiner Eisenbahn strömen. Tat sie aber nicht. Die Quelle scheint verzichtbar zu sein, denn wo die Panke im weiteren Verlauf bei uns in Schwanebeck vorbeifließt, führt sie durchaus etwas Wasser. So weit, so aufregend. Wir sind jedenfalls überzeugt, daß wir an der richtigen Stelle nachgesehen haben, denn über dem Loch hängt ein brav gemaltes Schild "Pankeborn". (Es gibt wohl ein Schulfach, wo solche Schilder entstehen.)

 

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