Künstler, systemrelevant

Von Thomas Bez am 24.04.2021

Weblog Tedesca <http://www.tedesca.net>

 

Endlich haben sich Künstler zu Wort gemeldet. Es ist ein köstlicher Reigen, der sich da über etwas mehr als eine Stunde entfaltet <https://www.youtube.com/watch?v=_nxXQg88-YM>. Die beschwingte Stimmung wird uns wohl noch Tage erhalten bleiben. Wie beim CORONA.FILM Prolog <https://odysee.com/@Weckruf:b/CORONA.FILM---Prologue-_-DEUTSCH:7> schätzen wir das Professionelle der Produktion. Der Arbeit all der Youtube-Amateure sei Respekt erwiesen, aber wer erleuchten will, sollte selbst strahlen wie der Corona-Film oder wie diese Schauspieler bei #allesdichtmachen <https://allesdichtmachen.de>.

Freilich ist es wie in allen Gruppen des Volkes: Einige wenige trauen sich, drücken das Kreuz durch und bleiben bei dem, was sie gesagt haben, trotz drohender Repressionen bis zum faktischen Berufsverbot. Einige fallen gleich wieder um und greinen, daß es doch nicht so gemeint war, schade um sie. Einige kapitulieren, weil eine nichtkonforme Meinung in Deutschland wieder einmal Gesundheit oder Leben kosten kann. Einige bleiben zwar bei der Fahne, aber distanzieren sich hie und da ein wenig von denen, deren Zustimmung sie angeblich nicht wünschen. Auch das ist schade, denn Zersplitterung durch immer feinere Distanzierungen untergraben unsere Sache – Hanns Zischler nimmt es aufs Korn: "Ich distanziere mich in aller Schärfe von mir selbst. Ich distanziere mich von morgens bis abends."

Wenige sind in ihrer Profession so exponiert und stehen in ihrer Seniorität so weit über den Dingen, wir meinen hier insbesondere Ulrich Tukur und Jan Josef Liefers, daß sie das Gekläff öffentlich-rechtlicher Terrier nicht zu tangieren braucht. Besonderen Mut zeigen in der zweiten Reihe all jene, die nicht ohne die Aufträge des öffentlich-rechtlichen Systems leben können und die nun auch durch die gleichgeschaltete private Medienschaft leichthin boykottiert werden.

Besonders dankbar sind wir Jan Josef Liefers. Er gehört zu unserem Leben seit wir Mitte zwanzig waren und keine wichtige Inszenierung im Ostberlin der 1980er Jahre versäumt haben. Damals wurde noch wahrhaft Theater gespielt. Wir sahen ihn in verschiedenen Langhoff-Inszenierungen des Deutschen Theaters, und wir waren dabei, als er am 4. November 1989 auf dem Alexanderplatz seine Absage an die vorigen Machthaber vortrug. Auch damals gab es etliche Theaterkünstler, die sich gegen das Regime stellten oder wenigstens wider den Stachel löckten. Die berliner Demonstration war durch Mitglieder des DT-Ensembles organisiert. Fünf Tage darauf fiel die Mauer. Doch auch damals waren es nicht die Künstler gewesen, sondern das schlichte Volk, das zuerst die Straße besetzt hatte und von dem sich zu distanzieren damals noch nicht üblich war.

Wir werden uns an ihre Namen erinnern, wie wir uns immer noch an die erinnern, die 1989 gesprochen haben, und an die, die 1976 standgehalten haben. Künstler machen kaum eine Revolution und Ironie verstehen ohnehin nur die Wenigsten. Aber wie der Flügelschlag eines Schmetterlings kann das rechte Wort zur rechten Zeit Unerhörtes bewirken. Denn die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.