Entsolidarisierung |
Von Thomas Bez am 31.01.2015
Weblog Tedesca <https://www.tedesca.net/Tedesca>
Vier Tage lang wollen die Lokführer im Personenverkehr streiken. Die Folgen für andere sind ihnen egal. Gut möglich, dass sie sich diesmal völlig verkalkuliert haben.
Wie kann es sein, daß einer wie ich, der sein Honorar ohne gewerkschaftliche Hilfe selbst aushandelt und fast jede Woche die Bahn benutzt, diesen Streik ausdrücklich begrüßt? Und andererseits fast alle armen Schlucker von ganz unten bis in die Ränge des Managements einen Arbeitskampf, der nicht ihnen ganz persönlich, direkt und sofort mehr Geld beschert, verurteilen? Entsolidarisierung beginnt schon mit der Frage: "Und was nützt das mir?" Wer nicht gerade die Möglichkeit hat, seine eigenen Interessen mithilfe einer kleinen und nicht gleichgeschalteten Gewerkschaft zu artikulieren, neidet dies den anderen. Das fehlende Verständnis dafür, daß man als deutscher Arbeiter oder Angestellter mit denen in einem Boot sitzt, die da gerade den Bahnverkehr lahmlegen, und daß auch das eigene Gehalt und die eigenen Arbeitsbedingungen längerfristig mit dem zusammenhängen, worum da gerade gekämpft wird, macht dem bürokratisch-industriellen Komplex seine Herrschaft über das Volk so komfortabel.